Silicon.de berichtet über die Initiative der EU zur Förderung von Open Access (vgl. Netzpolitik, Archivalia und Verweisungsform). Von einer ausgewogenen Berichterstattung kann keine Rede sein, die Argumentation der Verlagsseite wird kritiklos übernommen. Dies ist in vielen Zeitungen der Fall, und hier wird deutlich, wie wichtig eine gut organisierte Öffentlichkeitsarbeit pro Open Access ist.
Ein Beispiel: In einigen Artikeln und vielen Gesprächen mit publizierenden Wissenschaftlern ist mir schon die Argumentation entgegen gebracht worden, dass die Qualität durch OA sinken müsse. Und zwar mit dem Hintergrund, dass die Verlage für ein ordentliches Peer Review sorgen würden.
Über Sinn und Unsinn von Closed oder Open Peer Review kann man sich streiten. Aber das die Verlage eine wirklich bedeutende Rolle in diesem Verfahren spielen würden, die unsägliche Zeitschriftenpreise rechtfertigen würde, kann wohl niemand behaupten, ohne schamesrot anzulaufen, oder dafür bezahlt zu werden.
Der Silicon.de-Bericht ist geradezu prototypisch für das einseitige Übernehmen von Argumenten für angebliche Wirtschaftsinteressen. Dabei macht der EU-Bericht doch sehr schön vor, wie man beide Positionen auf einer halben Seite zusammenfassen kann:
Hauptargumente der Forscher, Forschungseinrichtungen, Finanzierungseinrichtungen
und Bibliotheken
• Open access kann die Auswirkung von wissenschaftlicher Forschung und Innovation durch verbesserten Zugang zu und schnelle Verbreitung von Forschungsergebnissen erhöhen.
• Das Internet sollte die Kosten für wissenschaftliche Veröffentlichungen reduzieren.
Trotzdem sind die Preise für Zeitschriften gestiegen. Das beeinträchtigt den Zugang zu
wissenschaftlichen Informationen.
• Die öffentliche Hand zahlt für Forschung, Peer Reviews (über die Gehälter der Peer
Reviewer) und Zeitschriften (z.B. über die Haushalte der Bibliotheken). Es ist nur recht
und billig, dass öffentliche Akteure bessere Erträge aus ihren Investitionen fordern.Hauptargumente der Verleger
• Zugang ist kein Problem. Der Zugang zu wissenschaftlichen Informationen war nie besser als heute.
• Durch Veröffentlichung entstehen Kosten. Verleger schaffen einen erheblichen Mehrwert
für den Forschungsprozess, indem sie die Qualität der veröffentlichten Artikel so effizient
wie möglich sicherstellen.
• Es besteht ein gesunder Wettbewerb im Markt für wissenschaftliche Veröffentlichungen. Er bedarf daher keiner öffentlichen Intervention. Unausgereifte Eingriffe könnten zu einer
Implosion des gegenwärtigen Systems führen ohne eine klare und nachhaltige Alternative
zu bieten.
Man sollte doch wenigstens die Zusammenfassung oder das Inhaltverzeichnis überflogen haben, bevor mal über solch einen Bericht schreibt. Wenn man sich die Mühe bei sehr umfassenden Werken nicht machen will, hilft auch die Volltextsuche weiter. Der hier zitierte Ausschnitt ist übrigens schon auf auf S. 5 zu finden. Volltextsuche nach “peer review”, zweiter Treffer.
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